Pressemitteilung

IG Metall fordert klare Rahmenbedingungen und Perspektiven für Beschäftigte in der saarländischen Automobil- und Zulieferindustrie

Wirtschaft im Umbruch – Beschäftigte unter Druck

Das Saarland ist bundesweit am stärksten vom automobilen Wandel betroffen: Rund acht Prozent aller Beschäftigten arbeiten laut IW-Studie in der produktionsnahen Automobilwirtschaft – Spitzenwert in Deutschland. Seit 2014 ist die industrielle Wertschöpfung um über 20 Prozent eingebrochen, mehr als 16.000 Industriearbeitsplätze gingen verloren.

Mit dem Ende der Ford-Focus-Produktion in Saarlouis und Stellenabbauten bei ZF, Bosch, Schaeffler drohen weitere massive Einschnitte. Besonders betroffen sind Zulieferbetriebe mit hoher Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor – rund 4,8 Prozent aller Beschäftigten, der höchste Anteil bundesweit. Gleichzeitig hinkt das Saarland beim Ausbau von Zukunftsfeldern wie Elektromobilität und Batteriezellfertigung hinterher – bedingt durch politische Unklarheiten und den Wegfall von Förderungen wie der Umweltprämie.

„Die saarländische Automobilindustrie steht an einem Scheideweg. Wenn jetzt nicht entschlossen gehandelt wird, verlieren wir nicht nur Produktionsstandorte, sondern auch das Rückgrat unserer regionalen Wirtschaft“, erklärt Jörg Caspar, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Neunkirchen.

Hier sind sowohl Bundespolitik und EU-Kommission als auch die Unternehmen gefordert:

  • Das Management muss Märkte frühzeitig erkennen und Beschäftigung sichern.
  • Die Politik muss mit einer intelligenten Außen- und Industriepolitik die deutsche und europäische Industrie schützen.

„Unternehmen brauchen Sicherheit für Innovationen und Investitionen. Beschäftigte brauchen einen sicheren Job. Wer staatliche Fördergelder erhält, muss sich zu den Arbeitsplätzen und Standorten bekennen – anstatt mit Verlagerungen ins Ausland zu drohen“, so Jörg Caspar, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Neunkirchen, weiter.

IG Metall fordert entschlossene Industriepolitik und Beschäftigungssicherung

Die IG Metall fordert von der Bundespolitik ein klares Bekenntnis zur Automobil- und Zulieferindustrie sowie eine ökologisch-soziale Industriepolitik, die Beschäftigung sichert.

„Die ständig künstlich herbeigeführte Debatte um vermeintliche Technologieoffenheit ist gefährlich. Wir brauchen Stabilität in den Betrieben, Planungssicherheit und gute Rahmenbedingungen durch Investitionen in zukunftsfähige Technologien – etwa in erneuerbare Energien, Ladeinfrastruktur und bezahlbare Mobilität“, betont Peter Vollmar, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Homburg-Saarpfalz.

Debatten über ein Festhalten an der Verbrennertechnologie helfen nicht weiter. Milliardeninvestitionen in Elektromobilität und hybride Antriebe wurden bereits getätigt. Die internationalen Märkte haben sich klar in Richtung E-Mobilität entschieden.

Die gemeinsame Erklärung von IG Metall und VDA macht Hoffnung: Sie zeigt, dass gemeinsame Ziele formuliert und notwendige Forderungen an die Politik gerichtet wurden.

Mehr Flexibilität – ohne von Klimazielen abzuweichen

Der Hochlauf der Elektromobilität muss entschlossen unterstützt werden. Vorrangig bleibt jedoch, Arbeitsplätze zu sichern. Die IG Metall hält an den Klimazielen fest, fordert jedoch mehr Flexibilität auf dem Weg dorthin – etwa bei Ladeinfrastruktur, Marktentwicklung und Unternehmensumstellungen.

„Es geht um die Zukunft von zehntausenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – um gute Arbeit, faire Löhne und sichere Perspektiven in einer zukunftsfähigen Industrie.“

„Wenn mehr Flexibilität bedeutet, dass wir Arbeitsplätze sichern und den Unternehmen etwas mehr Zeit für die Transformation geben, dann muss die Politik dies mit in den Fokus nehmen“, so Patrick Selzer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Saarbrücken und Mitglied im Vorstand der IG Metall.

Konkret fordert die IG Metall

  • Beschleunigten Ausbau der Lade- und Energieinfrastruktur, um Elektromobilität sozial- und industrieverträglich zu gestalten.
  • Keine Kehrtwende, sondern eine Anpassung der Geschwindigkeit des Wandels, um Beschäftigung zu sichern und Menschen mitzunehmen.
  • Weiterführung der Förderung von E-Autos, insbesondere für kleine und mittlere Einkommen.
  • Industriestrompreis für energieintensive Betriebe sowie steuerliche Entlastungen beim Ladestrom für batterieelektrische Fahrzeuge.
  • Prüfung von Flexibilisierungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Stabilisierung der Betriebe.
  • Förderung von CO₂-reduziertem Stahl durch europäische Grünstahlquoten im Fahrzeugbau.
  • Standort- und Beschäftigungsgarantien bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel.
  • Stärkung der Mitbestimmung: Betriebsräte müssen frühzeitig in strategische Entscheidungen eingebunden werden.
  • Qualifizierungsoffensive für neue Technologien und Tätigkeiten in Zukunftsindustrien.
  • Koordinierte Strukturpolitik auf Bundesebene, die regionale Betroffenheiten – wie im Saarland – stärker berücksichtigt.
  • Aufbau einer europäischen Batteriewertschöpfungskette und einer echten Kreislaufwirtschaft.

Stahl und Automotive – gemeinsamer Motor des Saarlandes

Die IG Metall betont die zentrale Rolle der Stahlindustrie als Zulieferer und Partner der Automobilbranche. Ohne eine starke Stahlindustrie könne es keine starke Automobilindustrie geben – und umgekehrt.

„Stahl und Automotive waren über Jahrzehnte die Motoren des Saarlandes“, erklärt Lars Desgranges, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen. „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass es auch in Zukunft so bleibt – mit aller Kraft und im Schulterschluss zwischen Politik, Unternehmen und Beschäftigten.“

Damit das gelingt, braucht es ein klares Bekenntnis der Automobilhersteller zur heimischen Stahlindustrie. Notwendig sind europäische Handelsmaßnahmen, die faire Wettbewerbsbedingungen sichern, sowie verbindliche Grünstahlquoten, um klimafreundliche Stahlproduktion zu fördern. Nur wenn Stahl- und Automobilindustrie gemeinsam transformieren, kann die industrielle Basis im Saarland langfristig erhalten und gestärkt werden.

Wandel sozial gestalten – Zukunft sichern

Die IG Metall betont, dass die ökologische Transformation nur mit den Beschäftigten gelingen kann. „Wer über Transformation spricht, darf nicht nur über Technologie, sondern muss über Menschen reden“, unterstreichen die saarländischen Bevollmächtigten. „Es geht darum, gute Industriearbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen – und zwar hier im Saarland.“

Übergangslösungen sollen Sicherheit geben, während die Klimaziele bis 2025 beibehalten werden. Auch Plug-in-Hybride und E-Fahrzeuge mit erweiterter Reichweite sollen als Brückentechnologien gefördert werden.

Nur wenn der Strukturwandel aktiv gestaltet wird, kann das Saarland gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen.„Wir brauchen eine Politik, die Planungssicherheit schafft – nicht Unsicherheit. Die Zukunft der saarländischen Industrie entscheidet sich jetzt – und sie entscheidet sich mit den Beschäftigten, nicht gegen sie“, so die saarländischen IG Metall-Bevollmächtigten abschließend.

Von: sos

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